Kleine Schrauber-FibelAutor: Henning Willig | Lektorat/Gestaltung: Andreas Nielen-Haberl (c) Henning Willig/Heinkel-Club Deutschland e.V.
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Kraftstoff heute / Erfahrungen / Wissen / DatenHenning Willig hat gefragt:
Henning hat die Antworten der Umfrage bei der Mineralölindustrie ausgewertert und zusammengefasst. Ihr findet das Ergebnis hier zum Download.
Ausbau, Prüfung und Montage des Zylinders mit Kolben und Zylinderkopfes am Beispiel eines 103 A1Vorwort
Erfahrene Schrauber werden vieles kennen und wissen. Ich wende mich hiermit an Personen, die keine oder wenig Erfahrungen haben und sich an die Technik nicht herantrauen. Deshalb beschreibe ich die Tätigkeiten so detailliert und ausführlich, dass sich eigentlich jeder auch ohne Vorkenntnisse daran wagen kann. Hierzu ist auch nicht eine voll ausgestattete Werkstatt notwendig, sondern nur etwas Werkzeug, das es eigentlich überall zu kaufen gibt.
Die Methode einer Reparatur / Überholung ist immer dieselbe:
Diese 4 Schritte sind zu durchlaufen, wobei der 1. und der 2. Schritt parallel erfolgen können.
1. Demontage des Kofferkastens
Zuerst muss der Kofferkasten demontiert werden. Dies ist sehr ausführlich im Video: Heinkel-Club Service Video 01 - Kofferkasten abnehmen beschrieben.
2. Demontage des Tanks
b) Lösen der beiden Befestigungsschrauben M6 SW10, die über die Befestigungsklötzchen und der Gummiunterlage den Tank auf den Rahmen klemmen.
c) die beiden Schrauben mit den Klötzchen entfernen und den Tank abnehmen.
3. Demontage des Vergasers
a) Die Spezial-Klemmschrauben des Vergasers mit einem Gabelschlüssel Schlüsselweite (=SW) 11 lösen, nicht entfernen. Es muss nur die Klemmung gelockert werden.
b) Vergaser durch drehen lockern und nach hinten abziehen.
4. Demontage des Auspuffs
a) Die Klemmschraube M6 SW10 der Schnelle lösen, die das Luftabführungsrohr fixiert. Hinten mit einem (Gabel-) Schlüssel SW10 gegenhalten. Nur lösen, die Schraube kann montiert bleiben. Es soll nur das Luftabführungsrohr gedreht werden.
b) Drehen des Luftabführungsrohrs nach oben. Man kann unten in die Öffnung reingreifen und das Rohr drehen. Manchmal klemmt es etwas, deshalb Vorsicht.
5. Demontage der Luftleitbleche
j) Nun zur rechten Seite: Hier geht es genauso:
Und dann das Blech nach hinten drehend abnehmen.
6. Demontage des Auspuffkrümmers
a) Das rechte Luftleitblech ist ab, nun wird er Auspuffkrümmer entfernt. Öffnen der 3 verkupferten Muttern mit SW9 (mit einer ¼-Zoll-Nuss geht das am besten). Vorsicht, die Stehbolzen nicht abreißen. Falls es nicht gehen sollte, mit eine Lötlampe oder einem Gasbrenner warm machen. Aber meist gehen sie ab.
Nun sind die Luftleitbleche entfernt, man sieht den Zylinder und den Zylinderkopf.
7. Demontage des Ansaugstutzens
Nun wird der Ansaugstutzen entfernt. Der muss ab, damit man den Kopf nach oben herausziehen kann. Sonst kollidiert der Ansaugkrümmer mit dem Rahmenoberrohr rechts. Das sind normalerweise SW14-Muttern, falls diese mal ersetzt wurden, sind es oft nach der neuen Norm SW13-Muttern. Ich habe hier VA-Muttern verbaut, das sieht schön aus, ist aber eigentlich egal.
8. Abnehmen des Zylinderkopfdeckels
b) Nun den Entlüftungsschlauch oben abmachen.
9. Prüfung des Zylinderkopfdeckels
Der erste Blick geht in den Zylinderkopfdeckel. Da sind 2 Nasen im Deckel angegossen. Die sind wichtig, weil da das Öl „kondensiert“ bzw. sich sammelt“ und von da aus auf die Kipphebel, genau in das länglich ovale Loch tropft und die Kipphebel auf der Achse schmieren. Die beiden Nasen müssen vorhanden und spitz sein. Wenn man genau schaut ist bei mir eine leicht beschädigt. Das kommt von einem Kipphebelbock-abriss. Damals ist die Kipphebelachse nach oben gebogen worden und der Kipphebel hatte Kollision mit der Nase des Auslassventils. Der Kopf war Schrott! Der Schraubenzieher zeigt auf die „gute“ Nase.
10. Motor auf Zünd-OT stellen
Es ist besser, jetzt den Motor auf Zünd-OT zu stellen, aber es geht auch ohne. Anmerkung: OT steht für „oberer Totpunkt“, das ist, wo der Kolben ganz oben ist und wieder „umdreht“, d.h. nach unten geht. UT (unterer Totpunkt) ist somit die andere Seite, also ganz unten in der Kolbenbewegung.
Wie das geht, finden Sie im Heinkel-Video auf YouTube: Heinkel-Club Service Video 12:
Jetzt kommen wir zum 4-Takt-Motor und der Ventilsteuerung. Da ist etwas Theorie notwendig, um zu verstehen, wie die Ventilsteuerung funktioniert:
Das Prinzip der 4 Takte ist hier einfach beschrieben: de.wikipedia.org/wiki/Viertaktmotor oder hier: https://www.youtube.com/watch?v=Srb0nZ14y4Q
Der Heinkel-Motor ist ein OHV-Motor mit unten liegender Nockenwelle. Die Ventile sind über Schlepphebel, Stößelstangen und Kipphebel betätigt. Es ist wichtig dies verstanden zu haben. Bitte „studieren“! Es gibt weitere gute Seiten im Netz, wo das erklärt ist.
11. Zylinderkopfdeckeldichtung abnehmen
So, der Motor steht jetzt auf dem Zünd-OT. Jetzt die Zylinderkopfdeckeldichtung abnehmen.
Ich empfehle diese fast immer zu ersetzen, außer man kennt das Alter der Dichtung und sie ist noch weich. Wenn sie alt ist, ist sie hart und dichtet ggf. nicht mehr.
12. Klemmung Kipphebelachse lösen
a) Nun die beiden SW10-Muttern der Ventileinstell-schrauben (Kugelschraube) auf den Kipphebeln lösen. Da der Motor auf Zünd-OT steht, sollten die Ventileinstellschrauben spannungsfrei sein.
b) Jetzt die Ventileinstellschrauben nach oben „herausdrehen“, aber nicht entfernen, d.h. die Kipphebel haben dann sehr viel Spiel zu den Ventilen und den Stoßstangen. Die Ventileinstellschrauben bleiben in den Kipphebeln.
Anmerkung: Die Stößelstangen werden auch oft Stoßstangen genannt.
c) Nun werden die Klemmschrauben der Kipphebelachsen gelöst (siehe auch Bild oben). Es ist jeweils 1 Mutter pro Kipphebelbock, also in Summe 4. Bitte alle 4 nur lösen, nicht herausschrauben.
13. Kipphebel demontieren
a) Jetzt wird es etwas „tricky“. Die Kipphebelachsen sind nicht mehr geklemmt und können jetzt mit SANFTEN Schlägen (was ist sanft? = langsam herantasten, bis die Achse sich bewegt), am besten nach hinten, herausgeklopft werden. Wenn es nach vorne leichter geht, dann nach vorne! Man kann es mit einem Schraubenzieher machen, siehe Bilder oder mit einem Durchschlag. Beides sollte in einem normalen „Schrauberhaushalt“ vorhanden sein. Alternativ gibt es beim Club auch einen Führungsstift für Kipphebelachsen.
b) Nun den Kipphebel seitlich verdrehen, damit die beiden Scheiben durch den Kipphebel an die Kipphebelböcke gedrückt werden und nicht herunterfallen. Sehen Sie meinen Daumen und Zeigefinger an, dann wissen Sie, wie ich es meine.
c) Nun vorsichtig den Kipphebel und die beiden Scheiben entfernen, OHNE dass diese nach unten in den Motor fallen! So sieht es nach der Demontage aus:
Dasselbe wird nun auch für den anderen Kipphebel gemacht.
14. Stößelstangen demontieren
Einfach die beiden Stößelstangen nach oben herausziehen. Sie sind gleich, keine Verwechselungsgefahr.
15. Zylinderkopf demontieren
a) Jetzt geht es ans Eingemachte. Die 4 Muttern SW14 (es muss SW14 sein, wenn nicht hat schon ein „Spezialist“ daran gepfuscht) lösen.
b) Die Muttern und die Scheiben mit einer Spitzzange abnehmen. c) Den Zylinderkopf mit der Hand (oder mit dem Gummihammer) lockern und nach oben abnehmen.
d) Dann sieht man auf den Kolben und den Stößelstangenkanal. Hier ist die Zylinderkopfdichtung auf dem Zylinder „kleben“ geblieben. Sie kann auch am Zylinderkopf hängen oder lose sein.
16. Demontage des ZylindersDer Zylinder klebt oder hängt meist auf der Zylinderkopfdichtung fest. Durch leichte seitliche Schläge mit einem Gummihammer lösen oder, wenn es gar nicht anders geht, mit einem großen Schraubenzieher hebeln.
Nach dem Lösen, den Zylinder nach oben ziehen.
Irgendwann „erscheint“ der Kolben unten am Zylinder.
17. Kolben „sichern“ und Zylinderfußdichtung demontieren
Der Kolben ist noch auf dem Pleuel montiert, aber sozusagen „frei“ beweglich.
Die Kurbelwelle an der Lichtmaschine so drehen (egal wie herum), dass der Kolben nach unten ins Motorgehäuse abtaucht. Jetzt die Zylinderfußdichtung entfernen. Falls sie nicht abgeht, mit einem Schraubenzieher etwas nachhelfen.
Dafür muss aber der Stutzen des Ölpeilstabes demontiert werden.
So liegt der Kolben stabil. Sonst wird es kippelig und der Kolben könnte an angrenzende Teile stoßen und beschädigt werden.
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